Warum?
Warum ich?
Warum schon wieder?
Ich wüsste niemanden, der diese Fragen nicht schon mal mehr oder weniger verzweifelt gestellt hat. Weil es gerade nicht so läuft wie geplant. Weil man den freien Tag statt ihn zu genießen mit Arbeit verbracht hat und dennoch nicht fertig und daher frustriert ist. Weil man mal wieder im Konflikt steht mit dem Arbeitskollegen, der anstehenden Aussprache aber viel lieber aus dem Weg gehen würde, weil sie so sinnlos erscheint. Weil man gefühlt zum hunderttausendsten Mal dem Nachwuchs geduldig erklären muss, dass es durchaus Sinn macht, seinen Krempel aus dem Flur zu räumen und damit selbigen für alle anderen stolperfrei zu halten; nur ist es mit der Geduld gerade nicht weit her. Weil man die nächste Erkältung schon in den Knochen spürt, aber die letzte doch gerade erst wenige Wochen her ist und man einfach keine Kraft mehr hat. Alles nur Schicksal? Unabwendbar, unbeeinflussbar, ergeben hinzunehmen?
Auf die Frage: "Willst Du gesund sein?" würde wohl jeder ohne Nachdenken mit "Ja, klar!" antworten. Aber ganz so klar ist das gar nicht. Jeder Mensch hat sein persönliches Erleben von Realität, seine persönlichen Erfahrungen und darauf begründeten Verhaltensmuster und auch seine ganz individuelle Krankheitsgeschichte. Den einen erwischt es fast immer mit Magen-Darm-Infekten, der andere ist schneller verschnupft als er niesen kann, wieder ein anderer ist immer und immer wieder heiser... eine Liste mit Beschwerdebildern zu erstellen ist eine große, zeitfüllende Aufgabe. Und eine sehr spannende! Kein Bild gleicht zu hundert Prozent dem anderen. Interessant ist aber in diesem Zusammenhang vor allem, wie der betreffende Mensch mit seiner Krankheit umgeht. Oder, um das wieder allgemeiner auszuweiten und damit zu den Ausgangsfragen zurück zu kommen: interessant ist, wie der betreffende Mensch (alltägliche) Probleme/ Herausforderungen/ Krisen erlebt und wie er in der Folge darauf reagiert.
Das Reflektieren des persönlichen Erlebens und meiner Reaktion kann mir eine Idee dafür liefern - so meine Erfahrung - warum eine Situation so und gerade genau so wieder und wieder abläuft. Möglicherweise lässt sich nämlich ein zugrundeliegendes Muster erkennen. Und diese Erkenntnis hilft mir, etwas bei mir zu verändern, was in der Konsequenz mein Erleben und damit einhergehend vielleicht auch die Situation an sich verändert. Im besten Fall sogar so, dass sich selbige Situation nicht mehr wiederholt. Oder zumindest ich das nächste Mal nicht mehr so dermaßen aus der Fassung gerate. Denn oft ist es ja gerade das, was uns daran so entsetzlich nervt: dass uns das nicht einmal , sondern zum x-ten Mal passiert...
Mögliche Fragen an uns selbst könnten sein:
Wie erlebe ich diese Situation?
Erinnert mich diese Situation an etwas, was ich bereits erlebt habe?
Was macht diese Situation mit mir?
Wie fühle ich mich?
...
Und natürlich könnten wir uns selbst auch fragen:
Wie würde ich die Situation gern anders erleben, d.h. wäre das ein Bühnenstück, wie würde ich es inszenieren, wie lauten meine Regieanweisungen (an mich selbst)?
Was genau kann ich selbst sehr konkret ändern, um die Situation positiv zu beeinflussen?
Auf welche Erfahrungen kann ich zurückgreifen?
Welche weiteren Hilfsmittel stehen mir zu Verfügung?
...
Steckt man inmitten einer Krise ist das zuviel verlangt. Aber wenn die Krise einigermaßen überstanden ist, und man das Gefühl hat, es muss sich jetzt endlich mal was verändern, weil man das nicht zum ersten Mal erlebt hat, aber auch kein weiteres Mal genau so erleben will, dann lohnt es sich, auf die Suche zu gehen, in sich hineinzuspüren und vielleicht so auf den Grund des Geschens zu kommen. Und vielleicht entwickeln sich daraus schon erste Ansätze und Ideen für kleine, feine Veränderungen. Manchmal ist es gut, solche Fragen mit einem Gesprächspartner, der offen und unvoreingenommen zuhört, zusammen durchzugehen. Das kommt ein bisschen darauf an, worum es geht. Aber ganz oft können wir das auch ganz gut allein, wenn wir ehrlich zu uns sind und bereit, genau hinzusehen oder viel mehr hinzufühlen. Doch egal wie wir vorgehen - vor allem braucht es die kompromisslose Bereitschaft und den Mut, wirklich etwas verändern zu wollen: an uns selbst und damit an unserem (Er-)Leben.
Ich empfinde das als befreiend, denn damit bin ich nicht mehr länger willenloses Spielzeug eines wie auch immer gearteten Schicksals, sondern ich habe es = mein Leben in der Hand, selbstverantwortlich und mit einer Fülle von Gestaltungsmöglichkeiten. Klar kann es Rück- und Fehlschläge geben... und vielleicht macht sich dann Resignation und Frust breit... da darf ich mich dann mit mir selbst in Geduld üben und darin, nicht gleich aufzugeben. Es gilt statt dessen: nur Mut... auf ein Neues!!