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Urlaubsmitbringsel

Was wäre ein Urlaub ohne Mitbringsel? Ohne eine Erinnerung daran? Ohne einen kleinen Schatz, der in seiner Wirkung noch eine Weile in den Alltag hineinreicht und selbigen ein wenig bunter und heller macht?

 

Mein Mitbringsel ist ein klein wenig speziell ausgefallen:

Irgendwann im Laufe der Urlaubswoche bin ich... ich weiß gar nicht mehr so ganz genau warum... auf das Buch von Byron Katie gestoßen: LIEBEN WAS IST. Wie vier Fragen Ihr Leben verändern können. Verfasst mit Stephen Mitchell, erschienen 2002 bei Arkana, München. Ich habe das Buch dann noch im Urlaub bestellt und zu Hause begonnen zu lesen. Gleichwohl ich mit dem Stil des Buches mich nicht wirklich anfreunden kann - die Quintessenz, leicht und anschaulich dargestellt in der Einführung durch Stephen Mitchell, bewegt mich sehr. (Da meine Intention nicht ist, das Buch hier vorzustellen, schlage ich vor: Wer am Inhalt en détail interessiert ist: im Internet ist das Buch von Byron Katie und eine extra Seite über "the work" sehr schnell zu finden und ausgesprochen aufschlussreich.)

 

Während ausgedehnter Spaziergänge am Strand, das Meer, den Wind, die besondere Atmosphäre genießend, war ich manchmal ein wenig traurig, weil ich aus Erfahrung wusste, dass ich es nicht schaffen würde, diese Ruhe in meinem Alltag auf längere Sicht zu bewahren. Und darüber wurde mir klar: ich suche nach einem weiteren Werkzeug, das es mir ermöglicht, mit Leichtigkeit und Freude meine Aufgaben zu bewältigen. Ich suche nach einer Möglichkeit, wie ich meine innere Ruhe und Gelassenheit finden und bewahren kann, nicht nur gezwungenermaßen durch oder im Kampf gegen Stress und Gedankenkaruselle, sondern sozusagen als "Grundeinstellung", einfach und fließend. Ich suche nach dem Frieden in mir, der es mir erlaubt, mich und mein Leben zu lieben, so wie es ist.

 

Ich für mich habe mit der Lektüre einmal mehr erkannt: es sind nicht die Umstände, die zum Beispiel eine bestimmte Situation für mich schwierig machen, es sind meine Gedanken und die daraus abgeleiteten Szenarien in meinem Kopf und die damit einhergehenden, verwobenen Gefühle. Und da kann die schlichte "Technik" von B. Katie in Form von vier Fragen, mir selbst gestellt und nach innen spürend, welche Antwort ich darauf wohl finde, durchaus helfen.

Ein kleines Beispiel, genau so geschehen, mag zum Verständnis dienen:

Vor wenigen Tagen bin ich bei einem Ausritt vom Pferd gestürzt. Ich bin nicht besonders groß, mein Pony ist nicht besonders groß, ich bin also nicht aus übertrieben großer Höhe gefallen. Aber ein wenig unglücklich aufgekommen bin ich doch und es war klar: das Steißbein ist ordentlich geprellt. Und es tut unfassbar weh. Viel mehr war es allerdings auch (zum Glück) nicht. Ich bin vom Pferd gefallen, das Steißbein ist geprellt, es wird ein wenig dauern, bis es geheilt und bis ich schmerzfrei bin. Ende der Geschichte. Früher hätte ich garantiert angefangen zu denken: Warum ist das passiert? Hätte ich es vermeiden können? Was war da nur im Wald, das ich nicht früh genug bemerkt habe? Ach, ich sollte wirklich besser reiten können, dann wär das vielleicht nicht passiert... und wenn ich noch tiefer in diese Geschichte eingestiegen wäre, dann hätte mir das vielleicht sogar unter vielem anderem mehr die Angst davor beschert, überhaupt je wieder auszureiten. Ich sage nicht, dass ich das nächste Mal komplett angstfrei aufs Pferd sitzen werde. Das wäre glatt gelogen. Aber ich habe es geschafft, bei "Ende der Geschichte" stehen zu bleiben und alle weiteren Gedanken zwar wahrzunehmen, aber eben nicht für wahr zu nehmen, weiterauszumalen und das daraus entstehende Bild zu glauben. Und wenn ich jetzt in mich hineinspüre, stelle ich fest, dass statt Angst und Sorge nach dem Sturz und den vielleicht möglichen Konsequenzen... ich Gemütsruhe und so etwas wie Abgeklärtheit dem Geschehenen gegenüber in mir finde. Damit einher geht ein feines Gefühl der inneren Freiheit. Und das bewirkt, dass ich viel leichter mit dem Sturz und den Schmerzen umgehen kann und mich sogar auf das nächste Mal freue, wenn ich wieder reiten kann. Ganz bestimmt ist die Angst dann auch mit dabei... aber ich bin mir auf eine unerschütterliche Weise sicher, dass ich ebenso Gelassenheit und innere Ruhe mit im Gepäck habe!

 

Früher war ich der Überzeugung, ich müsste nur lernen, Gedanken, die mich belasten oder Geschichten, die mich verfolgen, loszulassen. Und ich habe viele Jahre meines Lebens ziemlich erfolglos damit verbracht, das Loslassen zu lernen (vergeudet ist diese Zeit dennoch nicht, denn ich habe statt dessen viele andere Dinge erfahren und gelernt!). Inzwischen meine ich, dass je mehr ich etwas loslassen will, ich um ein Vielfaches mehr daran festklebe. Das ist so, eben weil ich mich so intensiv damit beschäftige. Vielleicht gelingt es tatsächlich viel leichter, mit "schwierigen" Gedanken umzugehen, wenn ich sie liebevoll betrachte, sie hinterfrage, ich darüber feststelle, dass sie für mich nicht wahr sind, ich sie also nicht glaube und ich mich daher auch nicht weiter mit ihnen beschäftige. So kann ich meinen Frieden mit den Gedanken schließen, ich kann sie ziehen lassen, denn ich brauche sie nicht (mehr) und sie lassen mich los.

Ich bin gespannt, wohin mich diese Erkenntnis noch führt. Für den Moment kann ich sagen, dass ich damit tatsächlich mehr Frieden in mir spüre, was sich auch in meinem Alltag bemerkbar macht. Ich betrachte das als ein Geschenk... mein Mitbringsel, das ich unverhofft in den Tagen am Meer gefunden habe... LIEBEN WAS IST, mich und mein Leben annehmen und lieben, gerade genau so wie es ist - was sonst könnte wichtiger, könnte sinnstiftender sein?